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Tarifliche Zuschläge für ungeplante Überstunden

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Bei sog. ungeplanten Überstunden im Sinne von § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K, die über die tägliche Arbeitszeit hinaus abweichend vom Schichtplan angeordnet werden, steht den betroffenen Arbeitnehmern Überstundenzuschlag zu.

Nach § 7 Abs. 8 Buchst. c des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K) sind abweichend von Abs. 7 nur die Arbeitsstunden Überstunden, die im Fall von Wechselschicht- oder Schichtarbeit über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden einschließlich der im Schichtplan vorgesehenen Arbeitsstunden, die bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden, angeordnet worden sind.

Die Norm ist sprachlich wenig verständlich. Es ist nicht ohne Weiteres erkennbar, worin der Unterschied zwischen festgelegten und vorgesehenen Arbeitsstunden liegen soll. Auch der Bezugspunkt des mit “die bezogen auf …” eingeleiteten Relativsatzes lässt sich nur unter Schwierigkeiten bestimmen. Die Norm kann gleichwohl ausgelegt werden.

Es ist nicht davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien in § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K mit den synonymen Begrifflichkeiten “festgelegt” und “vorgesehen” zweimal denselben Sachverhalt umschreiben wollten. In der Regel kann nicht angenommen werden, dass Tarifvertragsparteien sinnentleerte Normen schaffen wollen. Sie wollten offensichtlich zwei unterschiedliche Sachverhalte regeln. Deshalb bezieht sich der Relativsatz “die bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden” nur auf den Einschub “der im Schichtplan vorgesehenen Arbeitsstunden”. Das vorangestellte Wort “einschließlich” stellt den zweiten Sachverhalt hinsichtlich der Rechtsfolge “Überstunden” dem ersten Sachverhalt der “über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden” (hinaus) angeordneten Arbeitsstunden gleich. Das Wort “einschließlich” hat hier den Bedeutungsgehalt von “und” iSv. “und/oder”. Die Tarifvertragsparteien hätten daher auch die Formulierung “über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden hinaus angeordneten Stunden und/oder die im Schichtplan festgesetzten Arbeitsstunden” verwenden können, ohne den Bedeutungsgehalt des § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K zu verändern.

Sinnvoll ist § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K nur in der Lesart: “Abweichend von Absatz 7 sind nur die Arbeitsstunden Überstunden, die im Falle von Wechselschicht- oder Schichtarbeit über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden hinaus angeordnet worden sind, und/oder die im Schichtplan vorgesehenen (festgesetzten) Arbeitsstunden, die – bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit – im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden.”

In dieser Lesart trennt das Begriffspaar “und/oder” zwei Alternativen des § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K. Die erste Alternative betrifft den Sachverhalt, in dem zu den im Schichtplan festgesetzten “täglichen” Arbeitsstunden zusätzliche, nicht im Schichtplan ausgewiesene Stunden angeordnet werden. Solchen “ungeplanten” Überstunden stehen die Fälle der zweiten Alternative gegenüber, in denen die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bereits durch die im Schichtplan angeordneten Stunden überschritten wird (sog. eingeplante Überstunden, vgl. BAG 25.04.2013 – 6 AZR 800/11, Rn. 24).

In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall erfüllen die vom Arbeitnehmer als Überstunden geltend gemachten Arbeitszeiten die Voraussetzungen der ersten Alternative des in dieser Weise verstandenen § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K:

Bei sog. ungeplanten Überstunden iSv. § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K, die über die tägliche Arbeitszeit hinaus abweichend vom Schichtplan angeordnet werden, besteht anders als im Fall sog. eingeplanter Überstunden nach § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 2 TVöD-K keine Möglichkeit des Freizeitausgleichs. Der betroffene Arbeitnehmer hat Anspruch auf Überstundenzuschlag. Das gilt auch dann, wenn er in Teilzeit arbeitet und über seine Teilzeitquote hinaus Überstunden leistet, die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten jedoch nicht überschreitet.

Der Arbeitnehmer hat an den im Einzelnen bezeichneten Tagen unstreitig das für ihn im Schichtplan vorgesehene Tagespensum auf Anordnung der Arbeitgeberin überschritten.

Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin besteht in den Fällen des § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K keine Möglichkeit, entstandene Überstunden im Schichtplanturnus auszugleichen. Der Relativsatz “die bezogen auf die regelmäßige Arbeitszeit im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden” ist nur für § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 2 TVöD-K von Bedeutung. Überstunden entstehen bei dem durch § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K geregelten Sachverhalt bereits dann zwingend ohne Ausgleichsmöglichkeit während des noch laufenden Schichtplanturnus, wenn zu den im Schichtplan festgesetzten “täglichen” Arbeitsstunden zusätzliche, nicht im Schichtplan ausgewiesene Stunden angeordnet werden.

Aus dem Wortlaut der Tarifbestimmung ergibt sich nicht, dass auch für § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K ein Ausgleichszeitraum besteht.

Die Möglichkeit eines Freizeitausgleichs folgt nicht daraus, dass Überstunden nach dem Wortlaut von § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K abweichend von Abs. 7 “nur” unter den weiteren Voraussetzungen des Abs. 8 vorliegen können. Damit haben die Tarifvertragsparteien lediglich den Grundsatz bezeichnet, wonach in den Fällen des § 7 Abs. 8 TVöD-K im Vergleich zur Grundregel des § 7 Abs. 7 TVöD-K das Entstehen von Überstunden weiter eingeschränkt werden soll. Das schließt nicht aus, dass sie in einer der in § 7 Abs. 8 TVöD-K geregelten Konstellationen über die Grundregel des § 7 Abs. 7 TVöD-K hinaus das Entstehen von Überstunden ausweiten wollten. Ein solches Vorgehen ist noch vom Bedeutungsgehalt des Adverbs “nur” iSv. “ausschließlich” gedeckt.

Eine Ausgleichsmöglichkeit lässt sich ebenso wenig aus dem Wortlaut der sprachlichen Klarstellung von § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K iSd. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.04.2013 herleiten.

Die dort gebrauchte Formulierung “und/oder” kann nicht in dem Sinn verstanden werden, dass der in § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 2 TVöD-K vorgesehene Ausgleich auch in der ersten Alternative möglich sein muss.

Die Gegenansicht übersieht, dass ein Ausgleichszeitraum für § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck der Norm abzuleiten ist. Das gilt in gleicher Weise für § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K.

Der tarifliche Zusammenhang stützt dieses Ergebnis.

Die unmittelbar an § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K angrenzenden Regelungen in § 7 Abs. 8 Buchst. a und Buchst. b TVöD-K betreffen ebenfalls Fälle, in denen entstandene Überstunden einem späteren Ausgleich nicht zugänglich sind. Aus diesem Grund überzeugt es nicht, wenn angenommen wird, Buchstaben a und b des § 7 Abs. 8 TVöD-K seien Ausdruck des Willens, Überstundenzuschläge zu vermeiden. Um diesen Zweck nicht zu konterkarieren, müsse es auch für die von § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K geregelten Fälle einen Ausgleichszeitraum geben.

Die Bedeutung dieses systematischen Zusammenhangs der von § 7 Abs. 8 TVöD-K geregelten Fallgestaltungen wird nicht durch den Hinweis der Arbeitgeberin relativiert, dass in den Fällen des § 7 Abs. 8 Buchst. a und Buchst. b TVöD-K schon bei der täglichen Arbeitszuweisung eine erhebliche und kostenneutrale Möglichkeit der Arbeitszeitflexibilisierung für den Arbeitgeber bestehe. Es ist nicht ersichtlich, worin die entscheidenden Kosten- und Flexibilisierungsvorteile bei Arbeitszeitkorridoren und Rahmenzeit im Vergleich zur Wechselschichtarbeit bestehen sollen. Die Argumentation der Arbeitgeberin lässt außer Acht, dass bei Wechselschichtarbeit durch die Möglichkeit des Ausgleichs “eingeplanter Überstunden” ebenfalls kostenneutrale Flexibilisierungsmöglichkeiten bestehen.

Unabhängig davon besteht der Zweck des § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K nicht darin, kostenneutral Arbeitszeit zu flexibilisieren und daraus einen Überstundenausgleich auch in der ersten Alternative der Norm herzuleiten.

Die Kostendämpfung durch Vermeidung von nicht ausgleichsfähigen Überstunden mag ein vordringliches Reformziel der Arbeitgeberseite bei der Einführung des TVöD gewesen sein. Dafür lässt sich anführen, dass der ursprüngliche Regelungsvorschlag der Arbeitgeberseite zu § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD eine Formulierung enthielt, in der unmissverständlich eine Ausgleichsmöglichkeit für alle darin geregelten Fallkonstellationen vorgesehen war. Das Landesarbeitsgericht weist jedoch zu Recht darauf hin, dass dieser Vorschlag nicht dem schließlich vereinbarten § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K entspricht. Die Arbeitgeberseite hat ihre Ziele nicht durchgesetzt.

Die Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K verliert für den Zweck der Norm entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin nicht deswegen an Bedeutung, weil sie aus dem Wortlaut nicht ersichtlich wird. Der Wortlaut spiegelt die Tarifgeschichte wider.

Die fehlende Ausgleichsmöglichkeit von Überstunden in § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K lässt sich aufgrund einer besonderen Erschwernis für Arbeitnehmer, die (Wechsel-)Schichtarbeit leisten, erklären, wenn sie unvorhergesehen über die im Schichtplan festgelegte tägliche Arbeitszeit hinaus in Anspruch genommen werden. Diese Erschwernis ist von der Schicht- oder Wechselschichtzulage der Absätze 5 und 6 des § 8 TVöD-K nicht gedeckt. Die (Wechsel-)Schichtzulage soll lediglich einen Ausgleich für die Störung des gleichmäßigen Tagesrhythmus gewährleisten.

Die Arbeitgeberin wendet gegen diese Erwägung zu Unrecht ein, dass die Tarifvertragsparteien dann konsequenterweise für jede ungeplante Überstunde eine Ausgleichsmöglichkeit ausgeschlossen hätten und nicht lediglich bei (Wechsel-)Schichtarbeit. Die Vereinbarung der (Wechsel-)Schichtzulage in § 8 Abs. 5 und Abs. 6 TVöD-K kann nicht dahin verstanden werden, dass die Tarifvertragsparteien die Belastungen der (Wechsel-)Schichtarbeit damit abschließend erfassen und im Übrigen auch bei ungeplanten Überstunden nur durch Freizeitausgleich berücksichtigen wollten. Der fehlende Ausgleichszeitraum in § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K wird damit nicht in Frage gestellt. Die Arbeitgeberin übersieht bei ihrer Argumentation, dass bei ungeplanten Überstunden in (Wechsel-)Schicht zwei Belastungsfaktoren zusammentreffen, die (Wechsel-)Schichtarbeit und die ungeplante Anordnung der Überstunden. Die darin liegende Doppelbelastung begründet ein Interesse am Ausschluss eines Ausgleichszeitraums in § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Kritik, die mit ungeplanten Überstunden bei Wechselschichtarbeit verbundene Belastung könne nicht rechtfertigen, dass in der zweiten Alternative des § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K im Unterschied zur ersten Alternative eine Ausgleichsmöglichkeit gegeben sei. Zur Begründung wird angeführt, die Belastung infolge kurzfristiger Schichtplanänderungen sei nicht geringer als die Belastung wegen ungeplanter Überstunden.

Die beiden Alternativen des § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K regeln verschiedene Sachverhalte, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Werden Schichtpläne für Arbeitnehmer in (Wechsel-)Schichtarbeit erstellt und geändert, betrifft das regelmäßig den Einsatz einer größeren Zahl von Arbeitnehmern, der nur mit erheblichem Aufwand zu koordinieren ist. Ggf. sind die Rechte des Betriebs- oder Personalrats zu beachten. Zu diesem Sonderaufwand kommt es nicht, wenn die tägliche Arbeitszeit aus akutem Anlass überschritten werden muss, weil zB im Krankenhaus eine Operation länger dauert als vorhergesehen.

Der Schichtplan betrifft zudem typischerweise einen längeren Zeitraum. Eine kurzfristige Änderung führt allenfalls für die zeitlich zuerst anstehenden Dienste zu einer vergleichbaren Belastung wie die Anweisung, den Dienst aus aktuellem Anlass zu verlängern.

Die auftretenden Belastungen sind daher bei kurzfristig geplanten und ungeplanten Überstunden nicht gleichzusetzen. Diese Umstände rechtfertigen eine Differenzierung zwischen beiden Fallgestaltungen.

Eine Ausgleichsmöglichkeit für ungeplante Überstunden iSv. § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K ist auch unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität nicht erforderlich.

Der Einwand der Arbeitgeberin, im Pflege- und Krankenhausbereich sei zwingend eine Übergabe erforderlich, bei der es zu Verzögerungen kommen könne, ändert daran nichts. Das gilt selbst dann, wenn die tägliche Arbeitszeit überschritten wird, weil der für die Folgeschicht eingeteilte Arbeitnehmer nicht rechtzeitig erscheint und sich somit ein Umstand auswirkt, der im Verantwortungsbereich der “Arbeitnehmerseite” liegt.

Es besteht bereits keine kollektive Verantwortung der “Arbeitnehmerseite” für den verspäteten Arbeitsantritt eines einzelnen Arbeitnehmers. Muss die eingeplante Arbeitszeit regelmäßig überschritten werden, um eine ordnungsgemäße Übergabe zu ermöglichen, spricht viel dafür, dass die erforderlichen Übergabezeiten bei der Schichtplanerstellung zu kurz bemessen werden. Dem kann der Arbeitgeber – ggf. mit ausgleichsfähigen eingeplanten Überstunden – begegnen.

Eine Auslegung des § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K, die unter vollschichtig eingesetzte Teilzeitbeschäftigte bei ungeplanten Überstunden über ihre Teilzeitquote hinaus von den Überstundenzuschlägen des § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-K ausschlösse, verstieße gegen § 4 Abs. 1 TzBfG.

Tarifnormen sind grundsätzlich so auszulegen, dass sie nicht in Widerspruch zu höherrangigem Recht stehen. Tarifvertragsparteien wollen im Zweifel Regelungen treffen, die mit höherrangigem Recht übereinstimmen. Lässt eine Tarifnorm eine Auslegung zu, die zu einem mit höherrangigem Recht zu vereinbarenden Ergebnis führt, ist sie in diesem Sinn anzuwenden.

Den Tarifvertragsparteien kann hier nicht unterstellt werden, dass sie eine gesetzwidrige Gestaltung wählen wollten. Das zeigt insbesondere § 8 Abs. 1 Satz 2 TVöD-K. Danach sollen die Zeitzuschläge auch Teilzeitbeschäftigten zustehen. Die Sonderregelung in § 7.1 Abs. 7 Satz 1 TVöD-K für Bereitschaftsdienste deutet ebenfalls darauf hin, dass die Tarifvertragsparteien Teilzeitbeschäftigte nicht gleichheitswidrig diskriminieren wollten. Dort ist bestimmt, dass sich die Höchstgrenzen der wöchentlichen Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten nach den Absätzen 2 bis 4 in demselben Verhältnis wie die Arbeitszeit dieser Beschäftigten zu der regelmäßigen Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten verringern.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, sachliche Gründe rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG konkretisiert das allgemeine Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG für den Bereich des Entgelts oder einer anderen teilbaren geldwerten Leistung. Auch tarifliche Regelungen müssen mit § 4 TzBfG vereinbar sein. Die in dieser Vorschrift geregelten Diskriminierungsverbote stehen nach § 22 TzBfG nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien.

§ 4 Abs. 1 TzBfG setzt § 4 Nr. 1 und Nr. 2 der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15.12 1997 um. Methodisch ist der Vergleich von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten für jeden einzelnen Entgeltbestandteil vorzunehmen. Eine Gesamtbewertung der geleisteten Vergütungsbestandteile scheidet aus. Entgelte für die Regelarbeitszeit und Mehr- oder Überarbeitsvergütungen sind gesondert zu vergleichen.

Ein Teilzeitbeschäftigter wird wegen der Teilzeitarbeit ungleichbehandelt, wenn die Dauer der Arbeitszeit das Kriterium darstellt, an das die Differenzierung hinsichtlich der unterschiedlichen Arbeitsbedingungen anknüpft. § 4 Abs. 1 TzBfG schützt vor einer unmittelbaren Benachteiligung ebenso wie vor einer mittelbaren.

Danach verletzte § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K § 4 Abs. 1 TzBfG, wenn er unter vollschichtig eingesetzte Teilzeitbeschäftigte bei ungeplanten Überstunden über ihre Teilzeitquote hinaus von den Überstundenzuschlägen des § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-K ausnähme.

Abweichend von der ratierlichen Gewährung der Wechselschicht- und Schichtzulagen des § 8 Abs. 5 und Abs. 6 TVöD-K an Teilzeitbeschäftigte verhinderte eine Anknüpfung der Überstundenzuschläge nach § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1, § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-K an den Mindestbeschäftigungsumfang eines Vollzeitbeschäftigten die Entstehung jeglichen Anspruchs von Teilzeitbeschäftigten auf Überstundenzuschläge, wenn sie diesen Mindestbeschäftigungsumfang nicht erreichten.

Eine solche Anknüpfung widerspräche § 4 Abs. 1 TzBfG.

Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Eine geringere Arbeitszeit darf daher grundsätzlich nur quantitativ, nicht aber qualitativ anders vergütet werden als Vollzeitarbeit. § 4 Abs. 1 TzBfG verbietet eine Abweichung vom Pro-rata-temporis-Grundsatz zum Nachteil des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers, ohne dass dafür ein sachlicher Grund besteht.

Würde für die Überstundenzuschläge eines unter vollschichtig beschäftigten Arbeitnehmers die Voraussetzung der Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten in § 7 Abs. 7 TVöD-K herangezogen und damit eine identische Belastungsgrenze für Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte festgelegt, würde für Teilzeitbeschäftigte eine höhere individuelle Belastungsgrenze gezogen. Für Teilzeitbeschäftigte würde die Grenze der Entstehung ihres Anspruchs nicht proportional zu ihrer Arbeitszeit vermindert. Sie würden deshalb gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unmittelbar ungleichbehandelt. Der über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehende Mindestbeschäftigungsumfang für die Erzielung von Überstundenzuschlägen knüpfte ausschließlich an die Dauer der Arbeitszeit an.

Für ein Tarifverständnis, das unter vollschichtig tätige Teilzeitbeschäftigte von den Überstundenzuschlägen des § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K ausnimmt, wird § 7 Abs. 7 TVöD-K herangezogen. Danach sind Überstunden die auf Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden. Nach verbreiteter Ansicht werden Teilzeitbeschäftigte damit rechtswirksam von Zuschlägen bei bloßer Überschreitung ihrer Teilzeitquote ausgeschlossen. Dabei wird stets nur die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesarbeitsgerichts zu der Vereinbarkeit eines solchen Ausschlusses mit den Entgeltgleichheitsregelungen des damaligen Art. 119 EWG-Vertrag und des Art. 1 der Richtlinie 75/117/EWG sowie zu Art. 3 GG herangezogen. In diesen Entscheidungen ist darauf abgestellt worden, dass Teilzeitbeschäftigte aufgrund von Regelungen, die mit § 7 Abs. 6 TVöD-K inhaltlich vergleichbar waren, die gleiche Gesamtvergütung für die gleiche Zahl geleisteter Arbeitsstunden wie Vollzeitbeschäftigte erhielten. Leiste ein Teilzeitbeschäftigter mit einer vertraglichen Arbeitszeit von 18 Stunden eine 19. Stunde, erhalte er dafür das gleiche Entgelt wie ein Vollzeitbeschäftigter. Leiste er eine Überstunde iSd. tariflichen Definition, erhalte er wie ein Vollzeitbeschäftigter Überstundenzuschlag. Soweit das BAG in einer Entscheidung aus dem Jahr 2004 schon die Vereinbarkeit mit § 4 Abs. 1 TzBfG zu prüfen hatte, hat es sich allein auf die Rechtsprechung zu den Entgeltgleichheitsvorschriften bezogen.

Aus § 4 Abs. 1 TzBfG und § 4 Nr. 1 und Nr. 2 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit ergibt sich ein zusätzliches Prüfungsprogramm. Der EuGH hat sich inzwischen von seiner früheren Betrachtung der Entgeltgleichheitsregeln gelöst. Sie verengt den Blickwinkel zu sehr darauf, dass sowohl Teilzeit- als auch Vollzeitbeschäftigte erst dann Überstundenzuschläge erhalten, wenn die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschritten ist. Die Belastungsgrenzen für Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte scheinen zwar identisch festgelegt zu sein. Die formale Gleichbehandlung mit Blick auf die Gesamtvergütung führt aber zu einer Ungleichbehandlung. Sie berücksichtigt nicht, dass eine Ausnahme von Teilzeitbeschäftigten bei Überschreitung ihrer Teilzeitquote und Unterschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten nach § 7 Abs. 6 TVöD-K für den Entgeltbestandteil “Überstundenzuschlag” unmittelbare, für Teilzeitbeschäftigte nachteilige Auswirkungen auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung hätte. Der Entgeltbestandteil des Überstundenzuschlags ist isoliert zu betrachten. Bei enger Auslegung von § 7 Abs. 7 und Abs. 8 TVöD-K erhielte ein Vollzeitbeschäftigter bereits für die erste Stunde, die über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinausgeht, einen Überstundenzuschlag. Ein Teilzeitbeschäftigter müsste dagegen erst die gesamte Differenz zur Vollarbeitszeit über seine Teilzeitquote hinaus arbeiten, um für die nächste Stunde einen Überstundenzuschlag zu erlangen. Damit ginge wegen ihrer Teilzeitquote eine höhere Belastungsgrenze von Teilzeitbeschäftigten gegenüber Vollzeitbeschäftigten einher. Darin läge eine unmittelbare Benachteiligung Teilzeitbeschäftigter.

Eine Ausnahme der unter vollschichtig tätigen Teilzeitbeschäftigten von den Überstundenzuschlägen des § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-K wäre nicht durch einen sachlichen Grund iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt. Die Ungleichbehandlung beruhte bei einer entsprechenden Lesart der Tarifbestimmungen ausschließlich auf dem unterschiedlichen Beschäftigungsumfang von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten.

Die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung hat sich am Zweck der Leistung zu orientieren. Eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeitbeschäftigten kann nur gerechtfertigt sein, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt. Es kommt nicht auf die denkbaren Zwecke an, die mit der betreffenden Leistung verfolgt werden können, sondern auf diejenigen, um die es den Tarifvertragsparteien bei der betreffenden Leistung nach ihrem im Tarifvertrag selbst zum Ausdruck gekommenen, durch die Tarifautonomie geschützten Willen geht.

Die unterschiedliche Arbeitszeit von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten kann diese Rechtfertigung nicht bieten. Sie darf nach § 4 Abs. 1 TzBfG gerade nicht herangezogen werden, um die Zurücksetzung der Teilzeitbeschäftigten zu rechtfertigen.

Das Bundesarbeitsgericht hat angenommen, die unterschiedliche Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten sei unter zwei Voraussetzungen gerechtfertigt. Die tarifliche Regelung müsse den Zweck haben, besondere Belastungen auszugleichen, die entstünden, wenn Beschäftigte über die von den Tarifvertragsparteien vorgegebene tarifliche Arbeitszeit hinaus tätig würden. Zugleich müsse die Tarifnorm zum Ziel haben, den Arbeitgeber von einer solchen übermäßigen Inanspruchnahme abzuhalten.

Ein solches Ziel, das noch § 17 Abs. 1 BAT zugrunde lag, ist in die Regelungen der § 7 Abs. 7 und Abs. 8, § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-K nicht eingegangen.

Dem Arbeitgeber wird es durch § 6 Abs. 2 TVöD-K und den Ausgleichszeitraum in § 7 Abs. 7 TVöD-K ermöglicht, die Arbeitsleistung bedarfsgerecht abzurufen. Das erlaubt es, die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten in einzelnen Wochen in den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes auch deutlich zu überschreiten, solange innerhalb des Ausgleichszeitraums ein Ausgleich erfolgt. Die damit verbundene Belastung der Arbeitnehmer haben die Tarifvertragsparteien hingenommen. Mit dem Überstundenzuschlag soll allein der Umstand belohnt werden, dass der Arbeitnehmer ohne Freizeitausgleich mehr als vertraglich vereinbart arbeitet und dadurch planwidrig die Möglichkeit einbüßt, über seine Zeit frei zu verfügen. Für ein solches Regelungsziel spricht insbesondere die Ausgestaltung der Zuschlagsregelung in § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-K. Danach wird bei der Höhe des Zuschlags zwischen den Entgeltgruppen 1 bis 9 und den Entgeltgruppen 10 bis 15 differenziert. Die Beschäftigten der niedrigeren Entgeltgruppen erhalten einen Zuschlag von 30 %, die der höheren Entgeltgruppen von nur 15 %. Die Belastung durch Überstunden ist jedoch für beide Beschäftigtengruppen gleich. Die Unterscheidung kann nur damit erklärt werden, dass die Überstunden von Arbeitnehmern höherer Entgeltgruppen aus Sicht der Tarifvertragsparteien jedenfalls teilweise bereits durch das Tabellenentgelt abgedeckt sind. Diesen Arbeitnehmern ist es nach dem Tarifzweck eher zuzumuten, sich in ihrer Freizeit einzuschränken und für das Freizeitopfer lediglich einen geringeren Zuschlag zu erlangen. Die Einschränkung der Dispositionsmöglichkeit über die Freizeit trifft teilzeit- und vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer aber in gleicher Weise.

Die von den Tarifvertragsparteien beabsichtigte Gleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten zeigt sich auch an § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K. Zusätzliche Ansprüche aufgrund von Wechselschicht- und Schichtarbeit sollen dem Arbeitnehmer einen finanziellen Ausgleich dafür gewähren, dass die Wechselschicht- und die Schichtarbeit erheblich auf seinen Lebensrhythmus einwirken und ihr Beginn und ihr Ende außerhalb der allgemein üblichen Arbeits- und Geschäftszeiten liegen. Dieses Ziel eines Ausgleichs hatten auch die Tarifvertragsparteien des TVöD-K vor Augen. Sie haben die Höhe der Überstundenzuschläge in § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-K unter der Überschrift “Ausgleich für Sonderformen der Arbeit” und vor der Wechselschicht- und der Schichtzulage des § 8 Abs. 5 und Abs. 6 TVöD-K geregelt. Die zusätzlichen Vergütungen bei Wechselschicht- und Schichtarbeit sollen damit verbundene Belastungen und Erschwernisse ausgleichen. Dabei dürfen die Tarifvertragsparteien die Wechselschicht- und die Schichtzulage Teilzeitbeschäftigter nach dem Pro-rata-temporis-Grundsatz kürzen.

Ein Tarifverständnis, das Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte gleichbehandelt, führt nicht zu einer ungerechtfertigten Besserstellung von Teilzeitbeschäftigten. Sie erhalten für die gleiche Belastung, die durch die überobligatorische Inanspruchnahme ihrer Arbeitsleistung eintritt, den gleichen Überstundenzuschlag wie Vollzeitbeschäftigte.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. März 2017 – 6 AZR 161/16


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